Thermodynamik |
IV. Freie Enthalpie |
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4. Entropie und Freie Enthalpie
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Gibbs und Helmholtz entdeckten, dass eine neue Größe G ganz allgemein beschreiben kann, ob ein Prozess möglich ist. In dieser Größe G ist eine weitere neue Größe S enthalten. Diese kann nach Entdeckungen von Boltzmann anschaulich interpretiert werden. |
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Noch vor der Entwicklung der Thermodynamik bestand ein Interesse, theoretisch vorherzusagen, ob eine Reaktion ablaufen kann. Ein (besonders misslungener) Versuch stammt von Berthelot. Seine Theorie war, dass eine Reaktion exotherm sein muss, damit sie freiwillig ablaufen kann. "Freiwillig" bedeutet spontan, ohne äußeren Zwang. Eine Explosion ist dazu ein gutes Beispiel: Unter Gestank, Lärm und Wärmeentwicklung geschieht die Reaktion freiwillig. Wir kennen einfache Gegenbeispiele: Salze lösen sich auf und dabei kann es kälter werden. Die "Umgebung" Lösung musss dem Salz Wärme zuführen, damit es in Lösung geht. Diese endotherme Reaktion läuft also auch freiwillig ab!
Gibbs und Helmholtz entdeckten, dass H nur ein Teil ist und fanden eine neue Größe G. Diese wurde "freie Enthalpie" genannt. Neben H ist eine weitere Größe S wichtig. Die Entropie S kann thermodynamisch definiert werden. Für die Interpretation, was in der Natur geschieht, war die Entdeckung von Boltzmann wichtig, dass die Entropie ein statistisches Maß für den Ordnungszustand ist. Je größer die Unordnung, desto größer ist S. Ein Naturgesetz legt fest, dass maximale Unordnung angestrebt wird. (Dabei ist aber die Art des Systems sehr wichtig!)
Mit diesen beiden Größen S und G lassen sich Bedingungen formulieren, wie Vorgänge in der Natur ablaufen müssen!
Gesetz 1: In einem abgeschlossenen System sind nur Vorgänge mit ΔS > 0 möglich. |
Wenn man dieses Naturgesetz mit Worten beschreibt, bedeutet das: Bei Vorgängen in der Natur nimmt die Unordnung zu. Im ersten Moment passt dies auch zur Alltagserfahrung. (Viele Arbeitszimmer und Schreibtische bestätigen das immer wachsende Chaos.) Aber wir können doch aufräumen, und dann entsteht Ordnung? Der Schlüssel ist das Wort "abgeschlossen"! Systeme im normalen Leben sind offen!
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Definition |
G = H - T S bzw. ΔG = ΔH - T ΔS |
Gesetz 2: |
In der Natur können nur solche Prozesse freiwillig ablaufen, bei denen ΔG < 0 ist. |
Anmerkungen:
1. Helmholtz hat eine ähnliche Größe
"Freie Energie" definiert: F = U - T S bzw. ΔF = ΔU - T ΔS
Weil in der Chemie Vorgänge unter konstantem Druck wichtiger sind, wird F bzw.
ΔF in der Chemie selten benutzt.
2. Das
Wort "frei" bezieht sich auf die wichtige Erkenntnis, dass die Energieform
Wärme eine Sonderrolle spielt. Mit G wird die Energie beschrieben, die
auch in anderen Energieformen (z.B. Elektrizität) für den Menschen
frei verfügbar ist.
3. Wenn ΔG = 0,
ist keine Reaktion mehr möglich - dann liegt der Gleichgewichtszustand
vor. Wenn ΔG > 0 ist die Reaktion nicht möglich.
4.
T muss in dieser Gleichung als absolute Temperatur, in K, eingesetzt werden!
Die Gibbsche Gleichung kombiniert (genial) die beiden
Grundtendenzen für Vorgänge in der Natur,
die Energie strebt ein Minimum an,
die Unordnung strebt ein Maximum an!
Mögliche chemische Reaktionen:
Es gilt jeweils: A = Ausgangszustand,
E = Endzustand.
Untersucht
wird jeweils, welche Größen die beiden Teile der Gibbschen Gleichung
haben können, damit insgesamt ΔG
< 0 möglich ist.
1 |
ΔH
< 0 , also eine exotherme Reaktion. |
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2 |
ΔH > 0, also eine endotherme Reaktion. |
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3 |
ΔS < 0, also Ordnung wird erzeugt. |
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Zum Verständnis:
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NEIN! |
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JA! |
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JA! |
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T klein: |
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T groß: |
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Anmerkung:
Bitte nicht verwechseln!
ΔG
legt fest, ob eine Reaktion möglich ist oder nicht.
Darin ist keine
Aussage über die Reaktionsgeschwindigkeit enthalten!
Die Reaktionsgeschwindigkeit
wird durch die Aktivierungsenergie bestimmt.
Enzyme verändern nicht ΔG,
sondern nur die Aktivierungsenergie.
Eine wegen ΔG
> 0 unmögliche Reaktion wird auch mit den besten Enzymen nicht möglich!
Anmerkung:
Bitte nicht verwechseln!
ΔG<0 ist
die Forderung für die Gesamtreaktion!
Eine Teilreaktion
kann auch ablaufen, wenn ΔG>0.
Dann ist
diese Teilreaktion mit einer anderen Reaktion gekoppelt. Die andere Reaktion
liefert genügend viel chemische Energie (ΔG<0),
dass die Teilreaktion Energie verbrauchen kann (ΔG>0)
und insgesamt immer noch die Reaktion möglich ist.
Die Energiespeicherung
in Organismen folgt diesem Prinzip. Durch Abbau von "Nährstoffen"
wird Energie gewonnen, die teilweise in anderen Substanzen gespeichert wird.
(Im nächsten Kapitel finden Sie ein quantitatives Beispiel dazu: der Abbau
von Glucose führt zur Energiespeicherung im Teilsystem ADP/ATP.)
Aus der Kenntnis von ΔG
sollten sich doch auch weitere Aussagen |
WEITER: Energiebilanz bei der Verarbeitung der Glucose im Stoffwechsel