Thermodynamik

I. Einführung

II.  Zustandgrößen

III. Bildungsenthalpie

IV.  Freie Enthalpie

V.Glucose

Anwendung

Beispiel



Freie Enthalpie und Konzentration

Bisher haben wir gesehen, dass für eine mögliche Reaktion die freie Enthalpie abnehmen muss (ΔG<0). Qualitativ vermutet man nun sofort, dass die Größe dieser Abnahme bestimmen könnte, "wie gut" die Reaktion ablaufen kann. Je größer der Betrag von ΔG ist, desto besser sollte die Reaktion in Richtung der Produkte möglich sein. Diese Vermutung wird durch die Theorie bestätigt!

Der Ablauf einer chemischen Reaktion wird durch die Gleichgewichtskonstante beschrieben. (Bitte auseinanderhalten: In der Realität kommt noch dazu, wie schnell die Reaktion abläuft. Dies ist aber Gegenstand der Kinetik und nicht der Thermodynamik!) Mathematisch wurde die Gleichgewichtskonstante für Drücke p (wichtig für Gasreaktionen), für Stoffmengenanteile x (seltener benutzt) und für Stoffmengenkonzentrationen (der für Lösungen wichtigste Fall) definiert.
{Die verschiedenen Konstanten lassen sich ineinander umrechnen, was aber nur für Gasreaktionen wichtig ist.}

Die Gleichgewichtskonstante beschreibt das Verhältnis der Konzentration der Produkte zur Konzentration der Edukte.
Abkürzende Schreibweise für die Stoffmengenkonzentration: [X] = c(X)
{Im Gleichgewicht ist die Reaktion nicht zur Ruhe gekommen, Hin- und Rückreaktion laufen immer noch ab, aber so, dass die mittlere Konzentration aller Stoffe gleich bleibt. Vor Erreichen des Gleichgewichts überwiegt die Hin- oder Rückreaktion, die Konzentrationen der Edukte und Produkte verändern sich, bis dieser mittlere Zustand erreicht ist.}

Gleichgewichtsreaktion

Gleichgewichtskonstante dafür

Aus der Theorie folgt, wie die stöchiometrischen Koeffizienten der Reaktionsgleichung einzusetzen sind.
(a,b,c,d = stöchiometrische Koeffizienten; A,B,C,D = Stoffe)
Die stöchiometrischen Koeffizienten in der Reaktionsgleichung werden als Exponenten im Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante eingesetzt. Alle Produktkonzentrationen stehen im Zähler, alle Eduktkonzentrationen im Nenner.

Gleichgewichtsreaktion

Gleichgewichtskonstante dafür

Das Verhältnis der Konzentrationen im Gleichgewicht ist eine feste Zahl, die Gleichgewichtskonstante. Wenn die Konzentration eines Stoffes sich ändert, müssen sich die Konzentrationen der anderen Stoffe so ändern, das wieder derselbe Wert für K folgt. (K hängt zusätzlich noch von der Temperatur ab.)

Aus der Theorie folgt ein Zusammenhang zwischen der Gleichgewichtskonstante und der Freien Enthalpie:

ΔG° ist die Standard-Freie Enthalpie. (Temperatur = Standard-Raumtemperatur, 25 °C = 298,15 K; Druck = Standard-Druck = 1 atm = 1,013 bar = 1013 hPa; Stoffmengenkonzentration aller Stoffe = Standard-Konzentration = 1 mol/l).
{Etwas verwirrend, aber es ist so: Bei der Berechnung von ΔG° werden alle Stoffe mit der Standardkonzentration 1 mol/l eingesetzt. In der Gleichgewichtskonstante kommen die Stoffmengenkonzentration des Gleichgewichts vor, und diese können natürlich von 1 mol/l verschieden sein!}

Diese Gleichung bestätigt unsere Vermutung: Die Größe der Freien Enthalpie und die Gleichgewichtskonstante hängen zusammen. Unsere Voraussage zur ablaufenden Reaktion ist auch bestätigt: Wenn ΔG° negativ ist, wird K>1 - das Gleichgewicht liegt auf der Seite der Produkte. Je größer der Betrag von ΔG° ist, desto größer wird K - die Reaktion läuft mehr in Richtung der Produkte.
{Wenn ΔG° positiv ist, wird K<1 - das Gleichgewicht liegt auf der Seite der Edukte. Ausgehend vom Standardzustand liegt also nicht die Tendenz vor, die Konzentrationen in Richtung der Produkte zu verschieben, wie wir es in der Reaktionsgleichung gefordert hatten. Die Forderung "Für eine mögliche Reaktion muss ΔG<0 sein" gilt immer noch; es wird aber der Ausgangszustand (alle Stoffe liegen in der Standardkonzentration 1 mol/l vor) betrachtet und falls ΔG°<0 ist eine Reaktion in Richtung der Reaktionsgleichung möglich.}

Bisher lässt sich berechnen, welche Gleichgewichtslage für eine chemische Reaktion zu erwarten ist. Die Frage, für welche Konzentrationen dann eine Reaktion überhaupt möglich ist, muss noch beantwortet werden. Die theoretische Aussage "Für eine mögliche Reaktion muss ΔG<0 sein" gilt immer noch! Es ist eine Erweiterung nötig.

Es gilt für beliebige Konzentrationen:

Dies ist die gewünschte Beziehung! Für beliebige Konzentrationen der Stoffe A - D kann man berechnen, ob eine Reaktion möglich ist, und in welcher Richtung. Wenn ΔG<0 läuft die Reaktion in Richtung Edukte zu Produkte ab, bis neue Gleichgewichtskonzentrationen erreicht sind. Wenn ΔG>0 läuft die Reaktion entgegen der Richtung der angeschriebenen Reaktionsgleichung ab, also in Richtung Produkte zu Edukte, wieder bis Gleichgewichtskonzentrationen erreicht sind. Wenn das Gleichgewicht erreicht ist, muss ΔG=0 sein! Wir sehen daraus den vorher angegebenen Zusammenhang zwischen ΔG° und K. (Dann sind die Konzentration der Stoffe die Gleichgewichtskonzentrationen!)

Von der Theorie her, der Thermodynamik, ist damit die Frage vollständig gelöst. ΔG° für eine chemische Reaktion wird aus den tabellierten Werten für ΔG° der beteiligten Stoffe errechnet. (Das ist genau so, wie bei chemischen Reaktionen und ΔH: ΔH einer chemischen Reaktion wird aus den Bildungsenthalpien der beteiligten Stoffe errechnet.) Damit kann aus Tabellenwerten berechnet werden, ob eine Reaktion in Richtung der Reaktionsgleichung möglich ist. ΔG° gibt uns zusätzlich in Zahlen genau an, welche Konzentrationsverhältnisse im Gleichgewicht vorliegen müssen.
{Bei Rechnungen zu konkreten Reaktionen ergeben sich selbstverständlich "Detailprobleme", die aber eher zum Themenkreis "Fachrechnen" gehören.}

Zwei kurze Beispiele können (bei Interesse)
die hier vorkommenden Formeln verdeutlichen.
 

Man wird sicher erwarten, dass die vollständige Theorie noch viele weitere Verknüpfungen liefert!

  • ΔG° ist direkt mit der (messbaren) EMK und mit den elektrochemischen Potentialen (Spannungsreihe) verknüpft!
  • Die Säure-Base-Theorien und der pH-Wert sind Anwendungen der chemischen Gleichgewichte, also auch mit ΔG° verknüpft.
  • Löslichkeitsprodukte und Verteilungsgleichgewichte sind ebenfalls Anwendungen der chemischen Gleichgewichte.
  • ... überall dort, wo Begriffe wie "Energie" oder "Gleichgewicht" vorkommen,
        ist die Thermodynamik die theoretische Grundlage!

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