Thermodynamik |
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Anwendung |
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Bisher haben wir gesehen, dass für eine mögliche Reaktion die freie Enthalpie abnehmen muss (ΔG<0). Qualitativ vermutet man nun sofort, dass die Größe dieser Abnahme bestimmen könnte, "wie gut" die Reaktion ablaufen kann. Je größer der Betrag von ΔG ist, desto besser sollte die Reaktion in Richtung der Produkte möglich sein. Diese Vermutung wird durch die Theorie bestätigt!
Der Ablauf einer chemischen Reaktion wird durch die Gleichgewichtskonstante
beschrieben. (Bitte auseinanderhalten: In der Realität kommt noch dazu,
wie schnell die Reaktion abläuft. Dies ist aber Gegenstand der Kinetik
und nicht der Thermodynamik!) Mathematisch wurde die Gleichgewichtskonstante
für Drücke p (wichtig für Gasreaktionen), für Stoffmengenanteile
x (seltener benutzt) und für Stoffmengenkonzentrationen (der für Lösungen
wichtigste Fall) definiert.
{Die verschiedenen Konstanten
lassen sich ineinander umrechnen, was aber nur für Gasreaktionen wichtig
ist.}
Die Gleichgewichtskonstante beschreibt das Verhältnis
der Konzentration der Produkte zur Konzentration der Edukte.
Abkürzende
Schreibweise für die Stoffmengenkonzentration: [X] = c(X)
{Im
Gleichgewicht ist die Reaktion nicht zur Ruhe gekommen, Hin- und Rückreaktion
laufen immer noch ab, aber so, dass die mittlere Konzentration aller Stoffe
gleich bleibt. Vor Erreichen des Gleichgewichts überwiegt die Hin- oder
Rückreaktion, die Konzentrationen der Edukte und Produkte verändern
sich, bis dieser mittlere Zustand erreicht ist.}
Gleichgewichtsreaktion |
Gleichgewichtskonstante dafür |
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Aus der Theorie folgt, wie die stöchiometrischen Koeffizienten der Reaktionsgleichung
einzusetzen sind.
(a,b,c,d = stöchiometrische Koeffizienten; A,B,C,D
= Stoffe)
Die stöchiometrischen Koeffizienten in der Reaktionsgleichung
werden als Exponenten im Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante eingesetzt.
Alle Produktkonzentrationen stehen im Zähler, alle Eduktkonzentrationen
im Nenner.
Gleichgewichtsreaktion |
Gleichgewichtskonstante dafür |
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Das Verhältnis der Konzentrationen im Gleichgewicht ist eine feste Zahl, die Gleichgewichtskonstante. Wenn die Konzentration eines Stoffes sich ändert, müssen sich die Konzentrationen der anderen Stoffe so ändern, das wieder derselbe Wert für K folgt. (K hängt zusätzlich noch von der Temperatur ab.)
Aus der Theorie folgt ein Zusammenhang zwischen der Gleichgewichtskonstante und der Freien Enthalpie:
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ΔG° ist die Standard-Freie Enthalpie. (Temperatur
= Standard-Raumtemperatur, 25 °C = 298,15 K; Druck = Standard-Druck = 1
atm = 1,013 bar = 1013 hPa; Stoffmengenkonzentration aller Stoffe = Standard-Konzentration
= 1 mol/l).
{Etwas verwirrend, aber es ist so: Bei der Berechnung
von ΔG° werden
alle Stoffe mit der Standardkonzentration 1 mol/l eingesetzt. In der Gleichgewichtskonstante
kommen die Stoffmengenkonzentration des Gleichgewichts vor, und diese können
natürlich von 1 mol/l verschieden sein!}
Diese Gleichung bestätigt unsere
Vermutung: Die Größe der Freien Enthalpie und die Gleichgewichtskonstante
hängen zusammen. Unsere Voraussage zur ablaufenden Reaktion ist auch bestätigt:
Wenn ΔG° negativ ist, wird K>1
- das Gleichgewicht liegt auf der Seite der Produkte. Je größer der
Betrag von ΔG° ist, desto größer wird
K - die Reaktion läuft mehr in Richtung der Produkte.
{Wenn
ΔG° positiv ist,
wird K<1 - das Gleichgewicht liegt auf der Seite der Edukte. Ausgehend vom
Standardzustand liegt also nicht die Tendenz vor, die Konzentrationen in Richtung
der Produkte zu verschieben, wie wir es in der Reaktionsgleichung gefordert
hatten. Die Forderung "Für eine mögliche Reaktion muss
ΔG<0
sein" gilt immer noch; es wird aber der Ausgangszustand (alle Stoffe liegen
in der Standardkonzentration 1 mol/l vor) betrachtet und falls ΔG°<0
ist eine Reaktion in Richtung der Reaktionsgleichung möglich.}
Bisher lässt sich berechnen, welche Gleichgewichtslage für eine chemische Reaktion zu erwarten ist. Die Frage, für welche Konzentrationen dann eine Reaktion überhaupt möglich ist, muss noch beantwortet werden. Die theoretische Aussage "Für eine mögliche Reaktion muss ΔG<0 sein" gilt immer noch! Es ist eine Erweiterung nötig.
Es gilt für beliebige Konzentrationen:
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Dies ist die gewünschte Beziehung! Für beliebige Konzentrationen der Stoffe A - D kann man berechnen, ob eine Reaktion möglich ist, und in welcher Richtung. Wenn ΔG<0 läuft die Reaktion in Richtung Edukte zu Produkte ab, bis neue Gleichgewichtskonzentrationen erreicht sind. Wenn ΔG>0 läuft die Reaktion entgegen der Richtung der angeschriebenen Reaktionsgleichung ab, also in Richtung Produkte zu Edukte, wieder bis Gleichgewichtskonzentrationen erreicht sind. Wenn das Gleichgewicht erreicht ist, muss ΔG=0 sein! Wir sehen daraus den vorher angegebenen Zusammenhang zwischen ΔG° und K. (Dann sind die Konzentration der Stoffe die Gleichgewichtskonzentrationen!)
Von der Theorie her, der Thermodynamik, ist damit die Frage vollständig
gelöst. ΔG° für eine chemische Reaktion
wird aus den tabellierten Werten für ΔG° der
beteiligten Stoffe errechnet. (Das ist genau so, wie bei chemischen Reaktionen
und ΔH: ΔH einer chemischen
Reaktion wird aus den Bildungsenthalpien der beteiligten Stoffe errechnet.)
Damit kann aus Tabellenwerten berechnet werden, ob eine Reaktion in Richtung der
Reaktionsgleichung möglich ist. ΔG° gibt
uns zusätzlich in Zahlen genau an, welche Konzentrationsverhältnisse
im Gleichgewicht vorliegen müssen.
{Bei
Rechnungen zu konkreten Reaktionen ergeben sich selbstverständlich "Detailprobleme",
die aber eher zum Themenkreis "Fachrechnen" gehören.}
Zwei kurze Beispiele
können (bei Interesse) |
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Man wird sicher erwarten, dass die vollständige Theorie noch viele weitere Verknüpfungen liefert! |
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